Die Sache mit der Motivation...

von Helene Reiff

 

 

Was hast DU denn für eine „Sache“ mit der Motivation, bitte???
Du erreichst doch alles, was Du Dir vornimmst…Ich habe selten so einen disziplinierten Menschen erlebt, wie Dich!

Diese und weitere Aussagen höre ich oft.

In diesen Augenblicken renne ich innerlich in mein stilles Kämmerlein und heule vor mich hin, bis dieses Heulen in ein hysterisches Lachen übergeht. Oft kriegt mein Gegenüber das dann in Form von meiner Mimik deutlich mit. Denn ich halte nichts vom Schein…

Es liegt mir fern, das (nicht immer stimmige) Bild, das viele von Yogalehrenden haben, für irgendeinen Schein aufrechtzuerhalten.

Ja, ich schaffe, was ich mir vornehme.
Ja, ich ackere für meine Ziele.
Ja, ich schaffe es immer und immer und immer und fucking immer und immer wieder mich zu motivieren.

Und zwar genau das!

Ich muss mich sehr oft motivieren. Immer wieder motivieren. Denn bloß, weil ich etwas gerne mache, etwas liebe, heißt das noch laaaaaange nicht, dass ich das (seit inzwischen knapp 18 Jahren) immer ohne Weiteres mache. Wenn ich mich einmal motiviert habe reicht das meistens einen Zyklus lang, dann geht es wieder von vorne los…
Der Unterschied zu früher ist, dass ich inzwischen meine Vermeidungsstrategien kenne und meine vermeintliche Zielsetzungsmotivation, und demnach zwischen Prokrastinieren und übers Ziel hinausschießen, unterscheiden kann.

Weil ich meine Asana Praxis liebe, vor allem, weil ich das Gefühl liebe, dass mir die regelmäßige Praxis für meinen Körper schenkt, heißt das nicht, dass ich automatisch immer Zeit und Lust dafür habe.
Ich mag mich selbst gut leiden, wenn ich regelmäßig praktiziere. Ja, ich bin sogar sehr stolz darauf, wenn ich praktiziere.

Doch ist das ein Grund für mich fröhlich um 05 Uhr morgens aus dem Bett zu schweben??? FUCK!!! NEIN!!! Ich hasse es! Dieses Gefühl motiviert mich NULL.

Aber es gibt etwas anderes, das mich motiviert.

Den letzten Motivationsschub, was meine persönliche Mattenpraxis angeht, hatte ich erst vor kurzem.
Es war ein schönes Gespräch mit einem lieben Menschen. Ich klagte ihr, dass ich meine ausgiebige Mattenzeiten im Studio vermisse, meinen Raum. Das Gefühl der Stärke. Vor allem körperliche Stärke und Leichtigkeit.

„Sthira Sukham Asanam“ - Eine Haltung (Asana) soll gleichzeitig stabil und leicht sein.

In diesem Gespräch versetzte mich mein Unterbewusstsein in die Vergangenheit. Zurück in wundervolle Erinnerungen und schöne Zeiten. Ich fühlte wieder und ich spürte es regelrecht und es durchflutete mein ganzes Sein.
Das Wiedererleben dieser Kraft passte jedoch nicht in das traurige Bild und in die Stimmung, mit denen ich meine Sehnsucht kundtat.

Und da war dieser AHA Moment!
Auf etwas zu warten, ohne etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten.

(Hier sofort Dein Weg zurück zu den Sonnengrüßen!)

Seit diesem Gespräch sah und sehe ich mich jeden Morgen und jeden Abend meine Routinen machen. Morgens bin ich selten nett zu mir, aber ich schaffe es mich aus dem Bett zu schieben. Nach den ersten 8 Sonnengrüßen (ich mache insgesamt 12 Stück) drängt sich ein Lächeln auf. Meistens mit den Worten: na also, siehst du, es lohnt sich doch immer wieder!
Abends bin ich platt vom Tag, aber auch da überrede ich mich liebevoll (abends bin ich sehr nett zu mir selbst, egal wie der Tag war – langes Training gewesen, das zu schaffen), mir meine Routinen zu gönnen und mir damit als Belohnung etwas Gutes zu tun.
Das funktioniert sehr gut, weil ich mich großartig finde, wenn ich nett zu mir selbst bin und mir selbst den Gefallen tue, und meine Routine durchziehe.

Nicht immer radikal und nicht immer alles, aber mindestens so lange bis ich tiefe Dankbarkeit spüre.

Und immer wieder schwingt ein Bild durch. Ein Bild, dass mit einem Gefühl verbunden ist, dass so mächtig und erfüllend ist, dass ich es schaffe mich um 5 Uhr morgens aus dem Bett zu bewegen.
Es ist ein Bild von mir selbst. Von meinem zukünftigen Ich. So, wie ich mich sehen und fühlen möchte. Ich sehe mich auf der Matte in meinem Garten, wie ich im Frühling bei Sonnenschein und leichter Brise, den Duft des Erblühens, während meiner intensiven Mattenpraxis, einatme. Die Lebendigkeit in jeder Zelle meines Körpers spüre. Wahrnehme, wie meine Bewegung und mein Atem als Einheit fließen. Das Gefühl der Einheit, die ich bin, mich trägt. Und mein Körper vor Begeisterung vibriert, weil er gerne kraftvoll und flexibel ist!
Das ist es, was mich gerade dazu bringt, mich jeden Morgen - absolut unmotiviert - auf die Matte bewegt: ich sehe mich in meinem schönsten FLOW.

Damit ich diesen Flow auch wirklich genießen kann, will ich bereit sein. Und nicht erst Kraft und Flexibilität aufbauen müssen, fiesen Muskelkater durchleben und Frust spüren, weil vieles nun mal nicht funktioniert, ohne regelmäßiges Praktizieren.

Und genau darum geht es bei der Motivation.

Niemand kann Dich motivieren. Motivation kommt von innen heraus. Motivation entsteht, wenn Du kleine Zwischenschritte erreicht hast, wenn Du Stolz spürst, wenn Du es durchziehst. Die Motivation wächst, wenn Du Veränderungen durch Dein TUN wahrnimmst.

Es ist tatsächlich die Disziplin, die, noch vor der Motivation, auf der Agenda steht. Denn beim Tun erst, spüre ich die Motivation in mir aufsteigen.

In welchem Bereich Deines Lebens brauchst Du Motivation?

Stelle Dich immer wieder in der Zukunft vor, so wie Du sein wirst, wenn Du die Motivation und Disziplin im Jetzt dafür aufgebracht hast. Wie fühlst Du Dich dann? Wie siehst Du Dich? Was verändert sich dann für Dich? Gehe in diese Vorstellung, so oft Du kannst. Genieße diese Vorstellung so intensiv Du kannst. Male es Dir in Deinen schönsten Farben aus. Und dann beobachte was passiert. Vielleicht ist das für Dich genauso hilfreich, wie für mich. Berichte mir gerne davon.

Und wenn Du ab nun also mit mir sprichst und siehst, wie mir die Gesichtszüge entgleiten, und ein hysterisches Lachen hörbar wird, dann stirbt vermutlich gerade ein Vorurteil, das von Yogalehrenden existiert.
Denn wenn Du hinter die Kulisse blickst, die aus Lächeln, Chaturangas, Spagat und Sonnenschein besteht, siehst Du nun vielleicht auch die harte Arbeit dahinter. Es ist verdammt harte Arbeit, die mir irre viel Freude bereitet, weil ich mich dabei wie irre selbst reflektiere und immer wieder neu kennenlerne…jedes Mal aufs Neue, wenn der Wecker um 05 Uhr morgens klingelt…

(Hier sofort Dein Weg zurück zu den Sonnengrüßen!)

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